Einander lieben oder nüchtern ausgedrückt respektvoll führen heißt, Menschen so zu lassen wie sie sind, ihre Stärken mit den entsprechenden Aufgaben zusammenzubringen und die Schwächen in gewissen Grenzen (wo die Freiheit des anderen anfängt, hört die eigene Freiheit auf) auszuhalten. Nur wenn wir unsere Stärken ausleben, sind wir Menschen motiviert und können Spitzenleistung bringen. Stärken weiterzuentwickeln ist sinnvoll. Schwächen wegtrainieren zu wollen, ist Zeitverschwendung und bringt höchstens Mittelmaß.
Der Schäfer kommt auch nicht auf die Idee, seinen Hütehund mit der Führung der Herde zu beauftragen. Das ist Chefin- und Schäferinnensache. Der Hund kann nur wirklich gut treiben: die Herde zusammenhalten und die ein Feld plündernden Schafe aus dem Feld wieder heraustreiben. Das ist seine Passion und Leidenschaft. Man kann seinem Treiben noch einen Feinschliff geben und Übertreibungen oder Schwachpunkte seiner Stärke heraustrainieren. Das wars dann aber auch. Er taugt nicht als Herdenschutzhund. Letzterer wiederum lebt mit der Herde und zeichnet sich dadurch aus, dass er alles, was sich seinen Schafen nähert, wegbeißt: Wölfe, Waschbären, aber auch SpaziergängerInnen. Zu mehr ist er auch nicht zu gebrauchen. Der Schäfer ist zum Führen da, der Hund zum Hüten, die Schafe zum Fressen und zur Landschaftspflege. Einzelne Schafe beweisen ebenfalls Führungsstärke, weil sie früher als andere erkennen, wo es frisches Futter geben könnte (in der Regel, indem man dem Schäfer auf den Fersen bleibt) oder wo Gefahren lauern.
Kritische Situationen entstehen dann, wenn jemand aus seiner Rolle fällt. Wenn der Schäfer nicht zur frischen Wiese führt oder sonstwie kein frisches Futter heranschafft, dann übernehmen die Schafe die Führung. Diese haben nur das Fressen im Sinn und scheren sich nicht um rechtmäßig oder unrechtmäßig. In der Schäferei läuft alles gut, solange alle das machen, was sie gut können und was ihnen natürlich gegeben ist. Sobald eine Partei macht, wozu sie nicht berufen ist, drohen heikle und gefährliche Situationen.
Stärken nutzen = Aufgaben so organisieren, dass sie zu den jeweiligen Stärken passen.
Schwächen irrelevant machen = alles was kaputt gehen könnte außer Reichweite bringen. Der begnadete, aber chaotische Pianist sollte Klavier spielen, aber auf keinen Fall anfangen, organisatorische Aufgaben zu übernehmen.
Schlechte Gewohnheiten = abgewöhnen. Der geniale Pianist, der immer zu spät kommt oder unmöglich angezogen ist, kann ein pünktlicher und gut gekleideter genialer Pianist werden. Aber es ist aussichtslos, ihn zum Buchhalter zu verbiegen.
Spitzenleistung = klar erkannte Stärke + Konzentration darauf + Ausdauer
Aufgabe der Organisation = Schwächen irrelevant machen und Stärken zum Einsatz bringen
Wir Menschen sind evolutionsbedingt auf das Negative fixiert. Nur wer bei einem raschelndem Spätzchen im Gebüsch gleich an einen hungrigen Säbelzahntiger dachte, erschrak und die Flucht ergriff, überlebte den einen Tag, als tatsächlich der Tiger im Gebüsch raschelte. Wir sind die Nachkommen der überlebenden Furchtsamen / der furchtsamen Survivor und erschaudern deshalb Millionen Jahre später immer noch ob der üblichen schlechten Nachrichten: Inflation, Migration, Klimawandel, dies und jenes. Die guten Nachrichten keine Flugzeugabstürze, keine gezündete Atombombe und hoffentlich bald wieder keine Pandemie dringen kaum ins Bewusstsein. Negatives bringt Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit bedeutet Werbeeinnahmen - so funktionieren Privatfernsehen und die sozialen Medien.
Negatives können wir also. Aber woran erkennen wir die eigenen Stärken und die Stärken der anderen.
Daran, dass jemand Spaß an seiner Arbeit hat? Millionen Menschen spielen leidenschaftlich gerne Fußball oder laufen Ski, doch nur wenige beherrschen es so gut, dass andere bereit sind, Geld dafür zu bezahlen, um dieses Können mitzuerleben.
Daran dass jemandem etwas leicht fällt! Wem mathematische Gleichungen leicht fallen, der hat wahrscheinlich das Zeug zum Mathematiker. Wer sich hingegen mit dem Erlernen von Fremdsprachen leicht tut, der kann vielleicht auch Mathematiker werden, aber nur ein mittelmäßiger.
Beim Teambuilding mit Schafen schlüpft ein Team in die Rolle von Schäfer und Hund (ein guter Hund ersetzt 10 Schäfer + Schäfer = Team). Dabei kommt es auch darauf, dass die Aufgaben im Team auf die Teammitglieder mit den entsprechenden Stärken verteilt werden. Wer eine leise Stimme hat, sollte nicht unbedingt versuchen, 1000 Schafe anzulocken. Wer nicht schnell laufen kann, sollte vielleicht nicht unbedingt, als Flügelflitzer in Position gebracht werden. Der Hektiker sollte auch nicht vorweg gehen und seine Hektik auf die Herde übertragen.
Das Schöne am Teambuilding mit den Schafen ist, dass die schüchterne Anführerin, der langsame Flügelflitzer und der Hektiker sofort merken, dass sie in der falschen Position sind. Die Schafe sind echt und authentisch und reagieren nicht angepasst höflich, sondern echt und authentisch. In den genannten Fällen gar nicht. So lernt das Team schnell, die jeweiligen Aufgaben an die richtigen Leute mit den entsprechenden Stärken zu delegieren. Sonst büxen die Schafe aus oder das Grillen verspätet sich.
Übertragen auf die Welt der Wirtschaft heißt das:
Konzentration auf das, was als persönliche Stärke erkannt wurde, kann Spitzenleistung erbringen. Stärken entwickeln und bei den passenden Aufgaben zum Einsatz bringen und Schwächen bedeutungslos machen, indem Menschen mit anderen Stärken mit diesen Aufgaben betraut werden, heißt das Erfolgsrezept.
inspiriert von: Fredmund Malik, Führen Leisten Leben, Wirksames Management für eine neue Welt. Grundprinzip Stärken nutzen