Das große Ganze: Materialist, Spezialist, echte Führungskraft

Das große Ganze oder worum es wirklich geht: Das Runde muss in das EckigePhoto by Yiqun Tang on Unsplash

Das große Ganze oder worum es wirklich geht: Das Runde muss in das Eckige

Photo by Yiqun Tang on Unsplash

Der Materialist arbeitet für Geld. Der Spezialist arbeitet für Geld und Vorankommen in seinem Spezialgebiet. Die echte Führungskraft will auch Geld verdienen, ist mitunter Spezialist, aber vor allem auch Generalist, denn sie kümmert sich darum, dass alles, was geschieht, sich sinnvoll in das große Ganze einfügt.

Was heißt das konkret?

Die Schäferei muss man lieben. Für das Geld tut man sich 12-16 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr nicht an. Materialistinnen begeistert man damit nicht.

Die Schäferin ist vielleicht auch spezialisiert auf eine bestimmte Rasse, die Zucht von Herdenschutzhunden, die Milchproduktion, Vermarktung...

Doch ein Schäfer muss viel mehr als Spezialist sein. Er muss stets das große Ganze im Blick haben und schauen, dass jede Tätigkeit im Hinblick auf das große Ganze Sinn macht. Er macht Heu für den Winter, ist Tierarzt und Geburtshelfer, bildet seine Hütehunde aus, handelt Verträge zur Landschaftspflege aus, findet abgeerntete Felder, kriegt die Bauern herum, dass seine Schafe die Erntereste abkauen dürfen, schlachtet, schert die Schafe oder lässt sie scheren, impft seine Tiere, pflegt und schneidet bei 1000 Schafen 4000 Klauen, schaut seinen Tieren beim Fressen zu und kontrolliert, ob alle einen vitalen Eindruck machen, macht PR, wenn zu Ostern Journalisten und Fernsehleute eine Story brauchen, stellt den Zaun auf und baut ihn wieder ab, tauscht die Böcke aus, damit frisches Blut in die Herde kommt...

Ob die Schäferin alles selbst macht oder in Auftrag gibt, das große Ganze bleibt: eine gesunde Herde, die gesunde Lämmer produziert, die wiederum schnell zur Schlachtreife heranwachsen. Gleichzeitig soll die Herde auftragsgemäß bestimmte Fächen beweiden und zum Beispiel die Lüneburger Heide, die Schwäbische Alb oder Obstwiesen kurz halten, andere Flächen aber auf keinen Fall antasten.

Alles, was der Schäfer tut und tun lässt, muss sich in das große Ganze einfügen, sozusagen den übergeordneten Zweck erfüllen. Es genügt nicht, die besten Hütehunde auszubilden oder die schönsten Schafe zu züchten. Alle wesentlichen Tätigkeiten müssen abgearbeitet und auf das letzte Ziel hin ausgerichtet sein: leckeres Lammfleisch, schöne Landschaften und am Meer und an den Flüssen auch sichere Deiche. (Die Schafe haben die so genannte Goldene Klaue und halten dadurch, wie sie sich auf den Deichen bewegen und grasen, die Deiche in Schuss.)


Materialist = tauscht Arbeit gegen Geld und ist nicht weiter interessiert, wofür sie etwas macht.

Spezialist = tauscht auch Arbeit gegen Geld, brennt aber für das eigene Spezialgebiet. Ihr geht es nicht nur um das Geld, sondern auch darum, Besonderes im eigenen Fach zu leisten. Das drumherum ist ihr jedoch egal.


Echte Führungskraft = will auch verdienen, hat vielleicht auch eine Spezialisierung, aber die Hauptsorge gilt dem großen Ganzen vergleichbar mit einer Dirigentin, die dafür sorgt, dass alle Musiker/Spezialisten zusammen schöne Klänge hervorbringen.


Von außen ist es vielleicht schwer zu erkennen, zu welchem der drei Lager eine Person gehört.

Doch an den Früchten ihrer Arbeit kann man sie erkennen.

Der Materialist, der nur extrinsisch motiviert ist, macht keinen Schlag mehr als nötig, um sein Geld abzuzwacken.

Der Spezialist brennt für seine Arbeit, aber nur so lange sie ihren Bereich betrifft. Die echte Führungskraft oder die Generalistin sorgt dafür, dass alle Leistungen auf das große Ganze ausgerichtet werden.


Beim Teambuilding mit Schafen schlüpft ein Team in die Rolle von Schäfer und Hund (ein guter Hund ersetzt 10 Schäfer + Schäfer = Team). Jede trägt dann Verantwortung für einen bestimmten Bereich der Herde: locken und steuern der Leitschafe, danach schauen, dass kein Schafe zurückbleiben, rechts und links die Herde flankieren, damit niemand ins Getreidefeld ausbüxt...Fixiert auf die wenigen Schafe vor sich, verlieren viele dabei den Überblick und den Blick auf das große Ganze. Man läuft mit den Leitschafen vorneweg und der Rest der Herde kommt nicht nach. Oder man hält ein paar Schafe in Schach, während der Rest der Herde davonläuft. In den Pausen wird darüber gesprochen. Danach erkennen die Teammitglieder, dass sie Teil eines großen Ganzen sind und nur vorankommen, wenn alle aufeinander achten und an einem Strang ziehen.

Übertragen auf die Welt der Wirtschaft heißt das:

Es geht nicht ohne Materialisten und Spezialisten, aber jemand und am besten alle müssen sich darum kümmern, dass das was sie tun, im Hinblick auf das große Ganze Sinn macht. Dazu muss erst einmal klar kommuniziert werden, was das große Ganze ist und jede muss sich im Hinblick darauf einordnen, aber auch die Freiheit haben, den eigenen Beitrag im Hinblick auf das große Ganze zu adaptieren und besser zu machen.


inspiriert von: Fredmund Malik, Führen Leisten Leben, Wirksames Management für eine neue Welt. Grundprinzip Beitrag zum Ganzen